Die Schulleitung reagierte umgehend und informierte die Polizei. Doch die hat keine Handhabe. War die Aktion ein Einzelfall – oder Teil einer Strategie? Ein Experte warnt.

Die Plakate hingen im unmittelbaren Umfeld der 60. Grundschule im Leipziger Südwesten. Darauf zu sehen sind junge Menschen, eine Person vermummt, einige bei Kampfsportübungen, sowie der Schriftzug „Jugend in den Dritten Weg“ und ein Graffito der Jugendorganisation „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ).

Der „Dritte Weg“ ist eine rechtsextreme Kleinstpartei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Sie vertritt völkisch-nationalistische und neonazistische Positionen, orientiert sich an der NS-Ideologie. In Sachsen gibt es mehrere Ableger der Partei.

Nach LVZ-Informationen sind die Plakate in der Leipziger Seumestraße am frühen Montagmorgen Fachkräften der Schule aufgefallen. Diese hätten die Schule darüber informiert und die Plakate dann selbst abgehängt.

Schulleiterin Ines Fickenwirth bestätigt den Vorgang. Die Plakate seien entfernt worden, bevor die Schülerinnen und Schüler sie hätten sehen können.

Es sei das erste Mal, dass in der Nähe der Schule derartige Plakate aufgetaucht sind. Andere Aktionen der rechtsextremen Partei seien im Umfeld ebenfalls nicht bekannt.

Im Fall von Montag hätte die Schule umgehend reagiert. „Wir haben es der Polizei gemeldet“, so die Schulleiterin. An die Schulleitung sei am Dienstag herangetragen worden, dass auch vor der Oberschule in der Dieskaustraße Plakate der Partei gesichtet worden sein sollen.

Bei der Polizeidirektion Leipzig erklärt Sprecherin Susanne Lübcke nach Ansicht eines Fotos der Plakate, dass ihre Behörde in diesem speziellen Fall keine Handlungsmöglichkeit besitze. „Wenn keine verfassungswidrigen Symbole oder Begriffe verwendet werden, handelt es sich um keine Straftat.“

Was womöglich vorliege, sei eine Ordnungswidrigkeit: wildes Plakatieren ohne Genehmigung. Das zu prüfen und gegebenenfalls zu ahnden, liege im Zuständigkeitsbereich der Stadt und des Ordnungsamtes.

Ob die Stadtverwaltung Leipzig von den Plakaten Kenntnis besitzt und ob sie rechtliche Schritte erwägt, ist nicht bekannt. Eine entsprechende Anfrage von Montag blieb unbeantwortet.

Unklar ist auch, ob die Plakate durch Parteimitglieder des „Dritten Wegs“ vor den Schulen angebracht worden sind und ob es sich um eine gezielte Kampagne handelt. Auf eine LVZ-Anfrage kam aus dem Bundesbüro bis Dienstagabend keine Antwort.

Einzelfall oder Strategie? Rechtsextremismus-Experte Gideon Wetzel von der Amadeu-Antonio-Stiftung hält es für keinen Zufall, dass im Umfeld einer Schule plakatiert wurde.

„Die extrem rechte Kleinstpartei ist schon länger im Leipziger Raum aktiv“, erklärt er. Sie versuche durch gezielte Flyeraktionen und Angebote für Jugendliche wie Kampfsporttrainings oder Wanderungen ihre Strukturen zu festigen.

Auf dem Partei-Telegram-Kanal für das Gebiet Leipzig sind Graffitiaktionen im Gebiet Paunsdorf, sowie Flyeraktionen und Kampfsporttrainings in den Leipziger Außenbezirken dargestellt.

Wetzels Fazit: „Die Plakatierung im Umfeld von Leipziger Schulen verwundert nicht, da insbesondere ein jüngeres Publikum angesprochen werden soll.“

Der Experte erkennt zudem eine „Raumergreifungsstrategie“ der Partei. Diese lasse sich in Leipzig durch Sticker und Graffiti nachvollziehen.

Er verweist auf die Dokumentationsplattform „Chronik.LE“, die rassistische und faschistische Vorfälle im Raum Leipzig sammelt.

Danke, Antifa

https://chronikle.org/

Dabei ist auch das beschriebene Plakat schon aufgefallen - 2023 in Paunsdorf.

In dem von „Chronik.LE“ publizierten Magazin „Leipziger Zustände 2025“ heißt es: „Seit Frühjahr 2023 haben die Aktivitäten des ‚Dritten Wegs’ in der Region Leipzig stark zugenommen.“

„Leipziger Zustände“ ist ein Magazin, das über Rechtsextremismus, Diskriminierung und soziale Probleme in Leipzig und Sachsen berichtet.

Demnach setze der „Dritte Weg“ verstärkt auf eine moderne Jugendansprache und nutze soziale Medien gezielt, um Nachwuchs zu gewinnen.

Die Partei rekrutiere junge Menschen über die NRJ, die „Nationalrevolutionäre Jugend“, die mit Freizeitaktivitäten, ideologischen Vorträgen und Kampfsporttrainings an die Strukturen heranführe. Besonders in Leipzig seien es vor allem junge Männer, die für die Aktivitäten verantwortlich sind.

  • cows_are_underrated@feddit.org
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    5 days ago

    Und genau an solchen Beispielen sieht man, wieso es falsch ist solche Parteien nicht zu verbieten. Wenn man die einfach machen lässt hat man keinen rechtlichen Hebel gegen genau solche Aktionen.